Wir haben ein Rassismus-Problem in Deutschland. Und das nicht erst seit gestern. Seit vielen Jahren schlummert da eine Unzufriedenheit in vielen Menschen, die sich in einer Wut gegenüber den „Anderen“, den Ausländern, widerspiegelt. Seit dem rasanten Aufstieg der AFD, ist diese Wut gesellschaftsfähig geworden. Diese neue Bewegung findet aktuell ihren Höhepunkt in Chemnitz. Wie ich das finde? Richtig Scheiße. Was wir da gegen tun können? Ich weiß es nicht.
Schon vor über drei Jahren habe ich einen Artikel zum Thema Rassismus verfasst, diesen jedoch nie hier veröffentlicht. Damals dachte ich, dass das hier nicht der richtige Ort ist um über solche ernsten, politischen Themen zu reden. Heute sehe ich das anders. Jeder von uns hat eine Stimme und jede einzelne ist im Kampf gegen Rassismus wichtig.
Anlass des Artikel von vor drei Jahren war die Präsidentschaftswahl in Österreich, in der mal wieder die FPÖ sehr stark abgeschnitten hat. Ich war schockiert und mir wurde damals schlagartig bewusst, dass Rassismus, von dem ich lange glaubte, dass es nie wieder im aktuellen öffentlichen Zeitgeschehen so stark stattfinden würde, plötzlich mitten in Europa angekommen war. Damals schrieb ich:
Bislang habe ich an den Verstand der Menschen in unserem Land und in den Ländern drumherum geglaubt und ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass eine Partei, die rechtes Gedankengut vertritt, in einem Land an die Macht kommt, das eine Geschichte mit eben diesem Gedankengut hat. Wie oft habe ich in der Schule von meinen Mitschülern den folgenden Satz gehört: „So etwas würde heute doch nicht mehr passieren. Wir sind viel zu aufgeklärt und haben aus unserer Geschichte gelernt.“ Wisst ihr was? EINEN SCHEISS HABT IHR. Wenn ich mir Deutschland so angucke lebt der Rassismus mitten drinnen. Kaum ein Tag vergeht in dem ich dem ganzen nicht ausgesetzt bin. (…)
Ich selber habe Migrationshintergrund. Meine Mutter ist mit 6 Jahren mit meinen Großeltern aus dem ehemaligen Jugoslawien (Slowenien) nach Deutschland gekommen. Klar, ich bin mehr deutsch als slowenisch, dennoch wurde bei mir zu Hause drauf geachtet, dass wir unsere heimische Kultur nicht vergaßen. Deutschland gab uns die Möglichkeit, diese Kultur frei auszuleben. Inklusive slowenischem Kultur- und Sport Verein und so weiter. Dieses Recht steht durch die Wahl von rechten Parteien auf dem Spiel. Nicht nur das. Rechte Parteien sind erzkonservativ. Liebes Deutschland da draußen, habt ihr, die auf Grund der aktuellen Flüchtlingssituation, in Erwägung ziehen die AfD zu wählen, euch schon einmal Gedanken darüber gemacht, was das bedeutet? Die AfD ist gegen eine frei zu entscheidende Abtreibung. Die AfD ist gegen die Gleichberechtigung von Homosexuellen und die AfD ist gegen ein multikulturelles Deutschland.
Aussagen, zu denen ich nach wie vor stehe, die sich gefestigt haben und die für mich wichtiger sind als je zu vor. Seit dem ich diese Sätze verfasst habe, ist viel in (auch) Deutschland passiert. Die AFD sitzt in 14(!!!) deutschen Landtagen, kam bei der Bundestagswahl 2017 auf 12,6% und steht bei den aktuellen Umfragen zur Landtagswahl in Sachsen bei unglaublichen 25% (Quelle:https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/sachsen.htm). Mann muss sich das mal klar machen, jeder vierte wahlberächtigte in Sachsen würde, insofern morgen Landtagswahl wäre, eine Partei wählen, die sich offen rechts ist und nichts, aber auch wirklich garnichts dagegen unternimmt, wenn eigene Parteimitglieder mal wieder deutlich über das Ziel hinausschlagen und volksverhetzende Inhalte verbreiten, siehe Björn (Bernd) Höcke. Dass diese Partei so erfolgreich ist, ermutigt andere, noch deutlich extremere Gruppierungen, ebenfalls offen zu ihren Meinungen zu stehen. Was das bedeutet, sehen wir gerade in Chemnitz. Dort hat die rechtsradikale Gruppierung „Pro Chemnitz“ zu einer Demonstration anlässig eines, durch einen Iraker und Syrer, ermordeten Deutschen aufgerufen.
6000 Menschen nahmen an der Demonstration teil, die sehr schnell ausartete. Bereits ein paar Tage vorher sind Rechtsradikale durch Chemnitz gelaufen und haben Ausländer auf offener Straße gejagt. So ein verhalten lässt mich fassungslos, wütend und traurig zurück. Ich kann nicht verstehen, wie Menschen so hasserfüllt sein können, dass sie ihre gesamte negative Energie auf eine bestimmte Minderheit ausschütten wollen. Immer wieder und auch nicht erst seit gestern frage ich mich, was wir dagegen tun können. Bis vor einiger Zeit war ich überzeugt davon, dass man versuchen muss, mit Menschen dieser Gesinnung zu reden. Sie damit konfrontieren muss, dass es da noch einen anderen Weg gibt. Ich hatte Hoffnung, dass sich diese Menschen einfach nur Missverstanden und nicht gehört fühlen und dass wenn man ihnen das Gefühl gibt, dass sie auch wichtig sind, sie sich ändern werden bzw. zurückrudern werden. Das war eine Wunschvorstellung. Leider kann man mit vielen dieser Menschen nicht mehr reden, glaubt mir ich habe es oft genug versucht. Der Frust ist bei vielen dieser Menschen so hoch gewachsen, dass man da nicht mehr durchkommt. Viel schlimmer man wird von ihnen abgestempelt, als einer dieser „Gutbürger“, die komplett Medien- und Politikhörig sind und die zu „dumm sind, um zu verstehen, dass uns alle nur verarschen“, ähm….ja.
Was können wir also dann dagegen tun? Ich habe leider auch keinen anderen Ansatz als alle anderen und das macht mich noch trauriger als alles andere. Ich habe das Gefühl der Machtlosigkeit, dabei will ich doch umbedingt etwas dagegen unternehmen. Ich will auch nicht aufgeben, ich möchte noch an Deutschland glauben. Daran glauben, dass wir stärker sind als der Rassismus und die Nazis. Deswegen schreibe ich auch diesen Artikel. Denn nur wenn wir alle unsere Gedanken zu dem Thema kundtun, haben wir eine Chance zu verhindern, dass die Anhängerschaft rechter Gruppierungen noch mehr steigt.